Schrottige Zeiten
23. Dezember 2022Die Familie Gassenhauer feiert 10jähriges Bühnenjubiläum
22. Juli 2024Staphylokokken waberten über die Bühne
Zum 50-jährigen Geburtstag der IGS in Aurich ist unsere Theaterfamilie am Freitag, 24. März 2023, nach monatelangen Proben auf die Bühne zurückgekehrt. Wenn wir ehrlich sind: mit einem ziemlich ansteckenden Stück. Staphylokokken waberten über die Bühne des Schul-Forums; einige schleimten sich sogar zwischen die vollbesetzten Stuhlreihen. Da hatten die Bazillen leichtes Spiel. Sie infizierten das Publikum. Kurzum: Es war begeistert.
Staphylokokken! Das sind im Alltag richtig fiese Biester. Jedenfalls wenn sie unsere Körper erobert haben und sich darin explosionsartig verbreiten.
Wir Gassenhauer haben für unser jüngstes Theaterstück gleich mehrere Stars, pardon: Staphylokokken der Art aureus engagiert. Das sind die Goldköpfchen unter den „Staphys“: gelblich schimmernde, kugelförmige Bakterien, die sich traubenartig zusammenrotten und übelste Folgen haben können, z.B. Lungen- und Hirnhautentzündungen, Blutvergiftungen und Schocksyndrome.
Kein Wunder, dass unsere Drehbuchschreiberinnen Isburga Dietrich und Dr. Elke Warmuth eines dieser aufgeblasenen Prachtexemplare, eben kugelrund und giftig-gelb, in einem Gerichtsprozess auf die Anklagebank gesetzt haben – mit allem, was dazu gehört: Richterin samt Hammer und Schreiberinnen, Klägerin und Angeklagter mit ihren Anwälten, Gutachter und Gerichtsdiener sowie jede Menge Störenfriede. Der Vorwurf an „Staphy“ ist naheliegend: Er ist gemeingefährlich. Stimmt, aber auch er will nur spielen, mit seinesgleichen kuscheln und sich vermehren. Wie wir Menschen auch!
Ist „Staphy“ also wirklich Schuld an der schweren Entzündung, die die Klägerin sich eingefangen hat? Wie sagt „Staphys“ Anwalt: „Mein Mandant ist ein ganz friedlicher Mitbewohner der menschlichen Spezies“ – solange sich der Mensch an ein paar Hygieneregeln wie das Händewaschen hält und „Staphy“ ernst nimmt. Das ist gar nicht so leicht. Im Gerichtsprozess kann er nicht einmal seine Personalien angeben, kennt weder seinen Geburtsort noch einen konkreten Wohnsitz. Er sagt:
„Ohne festen Wohnsitz, hohes Gericht. Ich fühle mich überall zu Hause: auf der Haut und den Schleimhäuten, in den oberen Atemwegen. Bei Tieren. In Nahrungsmitteln und in Gewässern.“
Wir Gassenhauer haben in diesem witzig-ernsthaften Stück erneut für alle Kinder und Jugendlichen eigene Rollen kreiert – ganz aktuell. Da kleben plötzlich Mitglieder der „Letzten Generation“ mitten im Gerichtssaal an den Bodenbrettern, und Tierschützer wollen die „Staphys“ retten, obwohl sie gar keine Tiere sind.
Noch in der Woche vor der Aufführung kamen „neue“ Kinder hinzu, die mitmachen wollten. Und klar: Auch sie bekamen von den Regisseurinnen und Theaterpädagoge Claus Gosmann ihre Rolle. So schlüpften sie in die Stachelhüllen junger Coronaviren, die auf der Bühne eine Art Blutsbrüderschaft mit den „Staphys“ schlossen. Sie winkten keck ins Publikum – frei nach dem Motto: Lacht nicht zu früh. Euch kriegen wir auch.
Unsere Kinder und Jugendlichen haben neben viel Freude am Spiel Fertigkeiten und Möglichkeiten erprobt, die während der Pandemie oft zu kurz gekommen sind. Plötzlich war er wieder da, der Kontakt zu Gleichaltrigen mit all den psychosozialen Erfahrungen. Sie konnten wieder im Team arbeiten, sich wohlfühlen, eigenständig lernen, pünktlich und verlässlich sein und ihrem Alltag Struktur geben.
Aha! Und wie ist am Ende das Urteil des hohen Gerichts in der IGS ausgefallen? Wird nicht verraten.
Was? Wird nicht verraten?
Okay! Liedermacher Jann Janssen gab während des Theaterstücks mit seinem Song „Wir machen euch krank“ Hinweise auf das Urteil. Er ließ die Staphylokokken selbst zu Wort kommen und beschrieb, wie und wo sie als eine Art Gelegenheits-Einbrecher auf ihre Chance lauern und zuschlagen.
Und? Wie lautet denn jetzt das Urteil?
Schuld ist, wer die Biesterchen nicht ernst nimmt.